INTERVIEW

Interview


Interview der Seitenspinner, 2023


Die Autorengruppe Seitenspinner besteht seit 1996 in München und hat derzeit 13 Mitglieder (11 Frauen und 2 Männer im Alter von 40 bis fast 90 Jahren).


Wie ist die Gruppe entstanden, und wie agiert sie? Wie werden Texte besprochen, was verbindet die Mitglieder? Wilma Wally, die die Website betreut und erst ein paar Jahre dabei ist, befragt die Gruppenältesten, Claudia und Edith sind von Anfang an dabei, Rabea ist seit Juni 2008 bei der Gruppe und hat die Gruppenleitung im Jahr 2014 übernommen.


Wilma: Wer hat den Grundstein gelegt und wo kamen die ersten Teilnehmer her?

Edith: Im August 1996 lud ich Teilnehmer des Schreibseminars „Raus aus der Schublade“ von Jürgen vom Scheidt zu mir nach Hause ein. Durch Mundpropaganda kamen weitere Autoren dazu, die unter anderem bei Arwed Vogel Schreibseminare besuchten.


Wilma: Wie viele der ursprünglichen Mitglieder sind noch dabei und was war die Motivation?

Claudia: Anfangs waren wir zu sechst, davon sind heute noch vier dabei, eine hat es inzwischen zur erfolgreichen Schriftstellerin gebracht, nimmt an unserer Entwicklung aber nach wie vor mit Interesse Anteil. Dass sich über einen so langen Zeitraum die Gruppe verändert ist normal. Wir wollten außerhalb der Schreibwerkstätten unsere Texte miteinander besprechen.


Wilma: Wie oft trefft ihr euch und wie viele kommen zu einem Treffen?

Rabea: Wir treffen uns alle zwei Monate am vierten Samstag der ungeraden Monate und wir sind zwischen 5 und 10 Teilnehmer. Eine Fluktuation ist ganz natürlich.


Wilma: Was für Ziele hattet ihr früher und wie arbeitet ihr heute?

Claudia: Es dauert einige Zeit, bis eine Gruppe gelernt hat, wie man auf einen Text eingeht, wie man kritisiert. Es braucht auch fachliches Wissen dazu. Schreiben ist zwar eine Begabung, bestimmte Techniken beim Umgang mit Sprache kann man aber sehr wohl auch lernen. Anfangs wurde sehr genau an einzelnen Formulierungen gearbeitet, heute geht es mehr darum, wie ein Text wirkt, was er bei den Zuhörern auslöst. Wir weisen aber auch auf falsche Perspektiven, nicht stimmige Zeitformen oder ungünstig gewählte Wörter hin oder äußern uns dazu, ob ein Text langatmig wirkt. Wir unterstützen uns gegenseitig.

Edith: Doch auch wenn das Feedback zu den Texten konstruktiv ist, fällt es nicht leicht, Kritik anzunehmen und damit umzugehen, zu unterscheiden, welche Anregungen für das, was man ausdrücken möchte, relevant sind und welche nicht. Letztendlich soll die Arbeit in der Gruppe den Autor stärken und ihm Mut machen, seinen Text zu veröffentlichen. Eben „Raus aus der Schublade“.


Wilma: Welche Genres sind in der Gruppe vertreten?

Rabea: Fantasy, Historisches, Autobiografie, autobiografischer Roman, Kurzgeschichten, Experimentelles, gelegentlich Lyrik. Die Arbeit an Romanen und Autobiografien stehen im Vordergrund.


Wilma: Wie viel Zeit bekommt jeder Teilnehmer für seinen Text?

Rabea: Ehemals hatte jeder Teilnehmer eine Stunde zur Verfügung. Heute richtet sich die Zeit mehr nach der Anzahl der Teilnehmer, die etwas lesen möchten. Manche Texte sind schwierig, andere wieder leichter zu kritisieren. Wir versuchen auch hier, Struktur in die Sache zu bringen, damit niemand vergessen wird und die Zögerlichen motiviert werden. Das ist nicht immer einfach, aber der Moderator behält das Ganze im Blick. Gut ist eine Lesezeit von ca. 15 Minuten und dann noch die Zeit für die Anregungen der Gruppe.


Wilma: Wie geht ihr mit neuen Interessenten um? Was erwartet ihr von Neuen?

Rabea: Wir freuen uns über neue Vorleser*innen und sind neugierig auf eure Texte. Am einfachsten ihr meldet euch zu einem Treffen über das Kontaktformular oder direkt über meine Mailadresse an. Dann könnt ihr gleich mitverfolgen, wie wir unsere Texte besprechen. Wir wünschen uns, dass ihr an eurem Text arbeiten möchtet und mit konstruktiver Kritik umgehen könnt, um diese positiv für euch zu nutzen.


Wilma: Wird von den Treffen ein Protokoll erstellt?

Rabea: Ja, damit diejenigen Seitenspinner, die nicht dabei sein konnten, wissen, was gelesen worden ist und was besprochen wurde.


Wilma: Gibt es noch Lesungen und Anthologien?

Rabea: Die Gruppe hat in der Vergangenheit vier gemeinsame Anthologien veröffentlicht und sechs öffentliche Lesungen veranstaltet. Derzeit machen die Seitenspinner keine eigenen Lesungen und Anthologien.


Wilma: Bekommt man Tipps, wie man veröffentlicht?

Rabea: Ja, es gibt einen Austausch in der Gruppe, Tipps zu Handbüchern, Zeitschriften, etc. So hatte zum Beispiel Monika Pfundmeier einen Vortrag über Selfpublishing gehalten. Wir werden auch künftig wieder Vorträge anbieten.


Wilma: Was unternehmt ihr noch?

Rabea: Essen gehen nach der Gruppenarbeit, ein Ratsch-Treff einmal im Jahr, gelegentlich Museumsbesuche, persönliche Kontakte.

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